Dienstag, 6. Januar 2009

Der 83. bis 89. Tag

Einen Tag vor Silvester, am 83.Tag starteten wir bei kalten minus 6 Grad und schönstem Sonnenschein unsere erste Etappe in Frankreich. Andrea wollte uns ein Stück begleiten, doch wir hatten so einen Spaß miteinander, dass sie bis nach Altenach mit ritt. Die Strecke war ein Traum. Wir gingen fast nur auf Feld-, Wald- und Wiesenwegen. Am Abend kamen dann Denise und Urs, um Andrea und ihr Pferd abzuholen. Dann ging es an die Suche nach einer Unterkunft für Silvester. Andrea telefonierte mit vielen möglichen Stationen, doch keiner wollte an Silvester Wanderreiter haben. Bei Gabi sank der Mut bis in den Keller. Schließlich hatte Andrea doch noch Erfolg und fand einen Platz für uns ca. 13 Kilometer entfernt. Eine kurze Etappe am letzten Tag des Jahres.

Das gefiel uns und wir beschlossen, am 84. Tag etwas länger zu schlafen. In der Nacht wachte ich einmal gegen 4 Uhr auf und glaubte nicht, was ich hörte. Regen? Wie kann das sein, am Abend waren noch minus 5 Grad und dann am Morgen Regen? Ich sah aus dem Fenster, es regnete in Strömen! Ich ging erst mal wieder schlafen. Gegen sieben goss es immer noch und wir überlegten, was wir tun. Es ist bestimmt überall glatt. Das Zimmer, in dem wir übernachteten, lud nicht wirklich zumbleiben ein, also beschlossen wir, weiter zu ziehen. Gegen 10:30Uhr ging es los. „Guten rutsch“ sagt man zu Silvester, den hatten wir, denn alles war mit Eis überzogen. Die Landschaft sah aus, wie in Glas gefasst und es regnete weiter in Strömen. Nach 5 Stunden waren wir am Ziel. Unser Gastgeber, ein richtiger Pferdenarr, hieß uns willkommen. Auf Deutsch! Noch mal Glück gehabt! Für unsere Pferde baute Francoise zwei Paddoks in der Reithalle und wir konnten es uns im geheizten Reiterstübl gemütlich machen. Gabi kochte uns auf dem Campingkocher noch eine von ihr neu kreierte Nudel-Tomatensuppe und um 9 Uhr gingen wir schlafen.

Um 2 Uhr wachten wir beide kurz auf und wünschten uns ein schönes neues Jahr. Der Neujahrstag, unser 85. Tag, war wieder kalt uns trocken. Wir hatten 25 Kilometer vor uns. Die Etappe führte uns durch große Wälder, die Wege waren eine echte Herausforderung, den es war immer noch spiegelglatt. Die Pferde tragen heute wieder keine Hufschuhe. Tiefe Traktorenspuren waren hart gefroren, zum Teil mit Wasser gefüllt. Der Wanderweg führte über einen Bach. Die Brücke über den war zu schmal und außerdem vereist. Durch den starken Regen vom Vortag war der Bach zu einem kleinen Fluss angeschwollen. Wir konnten nicht abschätzen, wie tief das Wasser war. Wir mussten uns einen anderen Weg suchen. Spät erreichten wir unsere Station in Lachapell sous Chaux. Von unseren Gastgebern Caterine, die zum Glück Englisch sprach, und Patrik wurden wir am Abend mit einem französischen 4 Gänge Menü verwöhnt.

Der 86. Tag war wieder kalt und glatt. Wir probierten es zunächst wieder mit den Hufschuhen, denn durch die zwei vorangegangenen Barfußtage waren die Hufe schon ziemlich kurz. Vor allen Navajo, der sowieso zunehmend mit seinem Gleichgewicht zu kämpfen hatte, rutschte immer wieder aus. Also Hufschuhe wieder runter. Man hatte uns gesagt, dass wir unterwegs in Supermärkten, Tankstellen und Tabakläden Karten kaufen könnten. Also gingen wir in Supermärkte, Tankstellen und Tabakläden, doch nirgends gab es Karten. Wir waren inzwischen spät dran. Es dämmerte bereits und 5 Kilometer lagen Minimum noch vor uns. Wir riefen Andrea an, damit sie unserem Gastgeber anrief. Es war schon dunkel, als ein Auto neben uns hielt und eine Frau uns auf Französisch ansprach. Wir verstanden nur soviel, dass sie gekommen war, um uns den Weg zu zeigen. Kurz nach 18 Uhr waren wir endlich in St. Germain. Mit unseren Gastgebern verständigten wir uns mit Händen und Füßen. Pierre, ein 72 jähriger Distanzreiter, sprach ungefähr soviel Deutsch, wir Gabi Französisch. Wieder sind wir köstlich bekocht worden und saßen bis 23 Uhr zusammen.

Die Station für den 87. Tag hatte uns Pierre organisiert. Hundemüde starteten wir bei minus 9 Grad Celsius und Sonne. Pierre und seine Frau brachten uns noch ein Stück. Es wurde der Tag der im Schlamm steckenden Hufschuhe. An einer Stelle war es so tief, dass von jedem Pferd ein Hufschuh im Lehmboden stecken blieb. Man konnte sie nur noch mit der Zange herausziehen. Einmal mehr waren wir froh, dass unsere Pferde nicht beschlagen waren, denn dieser tiefe Lehmboden hätte auch leicht Eisen runtergezogen. Navajos Hufschuh schien in einer mit Wasser gefüllten Traktorspur zu stecken. Also Ärmel hoch krempeln und bis zum Ellenbogen im eiskalten Wasser den Schuh suchen. Doch nichts zu finden. Mit einem Stock haben wir dann einen Kanal gegraben, damit das Wasser abfließt. Immer noch kein Hufschuh zu finden. Wir waren ratlos. Dann sah Gabi den Schuh 2 Meter weiter am Wegrand liegen. Endlich konnten wir weiter. Der Weg schien endlos und es dämmerte bereits wieder. Das letzte Stück des Weges, ca. 6 km, marschierten wir im Dunkeln auf einer viel befahrenen Bundesstrasse. Es war ein Wahnsinn und unsere Schutzengel hatten alle Hände voll zu tun. Pierre hatte den Stallbesitzer unserer Station Centre Equestre La Cart in Colombier angerufen, damit dieser uns die letzten Kilometer per Auto begleitete. Wir hatten bestimmt 35 Kilometer zurückgelegt. An diesem Tag fällten wir eine Entscheidung!

Das Ziel des 88.Tage war La ferm du Cavallon in Boungnon, der Hof der Schweizer Shagya Araber Züchterin und Distanzreiterin Gabi von Felten. Unser letzter Tag! Noch einmal Pferde fertig machen, noch einmal uns im Wald verreiten, noch einmal Picknick in eisiger Kälte, dann hatten wir es geschafft. Mit gemischten Gefühlen sattelten wir ab. Unser Abenteuer ist vorbei! Am Vorabend hatten wir mit Marie Claire gesprochen und gefragt, ob wir schon jetzt kommen können. Navajo ging es zunehmend schlechter, er braucht dringend Ruhe und einen Osteopaten und wir haben auch genug. Das Risiko, bei dem Wetter mit unseren Sprachkünsten keine Unterkunft für die Pferde und uns zu bekommen, wurde uns zu groß. Am Abend riefen wir Patick Sarlin an. Bei ihm übernachteten wir Neujahr und wir wussten, dass er einen großen Pferdetransporter hat. Er sagte uns für den nächsten Tag zu. Vor dem schlafen gehen sahen wir uns wehmütig im Internet die Diashow von unserem Blog an. Es ist vorbei.

Der Rest ist schnell erzählt. Am 89. Tag um 10 Uhr kam Patrick mit seinem Transporter, die Pferde stiegen blitzbrav in den LKW, wir verluden das Gepäck und los ging es. Unterwegs schneite es die ganze Zeit. Gegen 20 Uhr waren wir endlich auf dem Hof von Marie Claire de Selliers in Nouans les Fontaines.

Ein neues Abenteuer beginnt!