Montag, 29. Dezember 2008

Der 71. bis 82. Tag

Vom 71. bis 78. Tag verliefen die Vor- und Nachmittage immer gleich: Pferde, Pferde, Pferde!

Am 73. Tag waren wir zusammen mit den Zambails bei Heiko und Morisette Rodde zum Abendessen eingeladen. Morisette ließ uns schmecken, dass sie es liebt zu kochen. Heiko, der leidenschaftliche Abenteurer und Pferdefotograf, zeigte uns einige seiner wunderschönen Fotos, die er in Kanada und in den USA gemacht hat und wir redeteten über unsere Abenteuer.

Der 77. Tag war der 24. Dezember. Für den Fall, dass wir diesen Abend allein verbringen, hatten wir schon einen tollen Plan: Gegen 17 Uhr, wenn überall die Familien gemeinsam am Weihnachtsbaum sitzen, wollten wir unsere Pferde rausholen und mit ihnen in der großen Reithalle spielen und reiten und dann früh ins Bett gehen. Christine und Berni hatten einen anderen tollen Plan. Sie holten uns gegen 18 Uhr ab und fuhren mit uns in die Schweiz zu Christines Familie. Der Heilige Abend wurde zum stilvollen Schlemmer Abend. Erst gab es eine kalte Vorspeise mit Lachs, Käse und Fleisch. Wir mussten mächtig aufpassen, uns nicht schon satt zu essen. Nach kurzer Verdauungspause gab es dann Schweizer Fleischfondue. Hauchdünn geschnittenes Rind- und Putenfleisch wird auf eine spezielle Fonduegabel aufgespießt und in den Topf mit kochender Brühe gar gezogen. Dazu gibt es viele leckere Soßen und Beilagen. Es war so lecker und es ist eine sehr gemütliche Art beisammen zu sein und zu essen. Danach wurden Geschenke verteilt und dann noch eine leckere Nachspeise serviert. Kugelrund, glücklich und dankbar über diesen gelungen Abend fuhren wir gegen 0:30Uhr wieder nach Hause.

78. Tag - Tag des Dilemmas. Eigentlich war heute der Tag an dem wir weiter reiten wollten, doch erstens, war es am Vortag viel zu spät und dann gab es eben auch die Möglichkeit zu bleiben. Wir überlegten hin und her. Heiko und Morissette Rodde, die für uns schon die nächsten zwei Quartiere besorgt hatten, kamen auch, um mit uns zu beratschlagen. Nachdem wir ausgiebig alles hin und her überlegt hatten, kam die Entscheidung: morgen reiten wir weiter! Ich bin sicher, wenn unser Ritt nicht der Sterntalerhof Charity Ritt wäre, wir wären bis Ende Januar dort geblieben und dann per Pferdtransporter weitergereist. Doch so kam der vorerst letzte Abend und das vorerst letzte Nachtessen mit Berni und Christine.

Am 79. Tag hieß es nun alles wieder zusammen packen, Pferde satteln, Packtaschen rauf, Abschied nehmen und los. Heiko Rodde war mit seiner Kamera dabei und machte tolle Bilder von uns. Ihr könnt alle Bilder in unserer Diashow ansehen. Wir starteten gegen 12 Uhr. Die Sonne und eisiger Ostwind nahmen uns in Empfang. Wir hatten uns für eine kurze erste Etappe entschieden und kamen nach dreieinhalb Stunden auf der Wide Field Ranch in Breitenfeld an. Nachdem die Pferde gut versorgt waren, nahmen uns die Roddes mit zu sich nach Hause. Gabi wärmte sich erstmal am Kamin und entspannte sich. Die Bise, wie dieser frostig-fiese Ostwind hier genannt wird, hatten bei ihr heftige Kopfschmerzen verursacht. Morissette verwöhnte uns wieder mit ihren Kochkünsten, wir schauten Fotos und quatschten. Gegen halb neun brachten sie uns wieder zurück. Gabi ging schlafen, ich schaute noch mal nach unseren Pferden und saß dann noch eine Weile mit Uwe, dem Pächter der Wide Field Ranch zusammen.


Auch am 80. Tag war es bitterkalt und windig. Ein paar mal mussten wir ein kurzes Stück in Richtung Norden gehen und bekamen die Bise seitlich ins Gesicht. Ätzend! Es war an dem Tag so kalt, dass wir nur ganz kurz auf den Pferden saßen. Den Rest marschierten wir. Da wir uns im südlichen Schwarzwald befinden, war die Strecke entsprechend anspruchsvoll und ein ständiges auf und ab. Wir legten einige hundert Höhenmeter zurück. Ungefähr halb vier hieß uns Marion Dimer auf ihrem Brunnmatthof willkommen. Pferde versorgen und schnell ab ins Warme. Marion kochte lecker für uns und wir tratschten. Der Brunnamtthof ist auch so eine gemütliche Oase, in der wir gern ein paar Tage länger geblieben wären.An diesem Abend fand in Kleinöttingen in der Schweiz auf der Horsemanship Anlage „Farmers Place“ ein Parelli Stammtisch statt. Heiko zeigte dort eine wunderbare Diashow mit Pferde und Naturbildern und danach gab es eine Diskussion mit Berni Zambail zum Thema Probleme mit dem Pferd und deren Lösung. Marion Dimer und ihr Mann Stojan kamen spontan mit dorthin. Gabi war ziemlich müde und blieb auf dem Brunnmatthof.

Das Wetter war am 81. Tag immer noch unverändert kalt. Nach dem ausgiebigem Frühstück mit Marion und Stojan wären wir am liebsten wieder zurück ins Bett gegangen. Doch heute sollte unsere letzte Etappe in Deutschland sein! Gut die Hälfte der Strecke wurden wir von Stojan und seinem Quarter-Oldenburger Wallach begleitet. Der zweite Abschnitt des Weges brachte uns ziemliche Herausforderungen. Das erste Problem waren umgestürzte Bäume. Den ersten konnte ich mit meiner kleinen Säge noch bezwingen, den zweiten nicht mehr. Wir mussten ein Stück zurück reiten und uns einen neuen Weg suchen. Auf dem Weg habe ich dann noch etwas ziemlich blödes getan. Es gab ein Problem mit Navajo, er wollte nicht zwischen der Mazirah und dem Hang vorbei, ich wollte aber, dass er geht und fing an mit ihm zu kämpfen. Dabei rutschte er dann am Abhang mit den Hinterbeinen einen halben Meter runter. Als er wieder oben war, bekam Gabi einen Riesenschreck! Ein Hufschuh hatte sich gelöst und hing nun nur verdreht an seiner Fessel. Für Gabi sah es aus, als wäre sein Huf ab. Die Nerven lagen blank. Irgendwie klappte dann erstmal gar nichts mehr. Lady, die wir auf den schmalen Wegen zwischen uns frei laufen ließen, machte sich kurz mal selbstständig, die Wegmarkierungen stimmten auf einmal nicht mehr wirklich mit der Karte überein, ich bekam Durchfall. Ich fühlte mich sowieso gestresst, weil wir uns mit Heiko, Morissette und der Schweizer Wanderreiterin Denise Locher verabredet hatten und spät dran waren. Die warteten in Harpolingen am Friedhof auf uns. Zwei Zugfahrzeuge mit Pferdeanhängern. Erschöpft und genervt kamen wir dort gegen 16 Uhr an. Wir banden die Pferde an den Anhängern fest, sattelten ab, verstauten unser Gepäck, verluden die Pferde und ab ging die Post. Ziel war Bouxwiller, ein Ort in Frankreich westlich von Basel. Denise hatte uns dringend empfohlen, den Bereich Lörrach und Weil am Rhein nicht zu reiten. Es wäre eine Tagesetappe nur im Stadt und Industriegebiet. Sie und Heiko hatten uns angeboten, dass sie uns transportieren. Wir haben erst überlegt und dann entschieden, dass ist völlig in Ordnung von unserem 2000 Kilometer Ritt 70 Kilometer mit dem Hänger zu fahren. Morissette hatte heiße Getränke und Pallatschinken (auch Eier-oder Pfannkuchen genannt) für uns vorbereitet. Denise hatte in Bouxwiller schon alles für unsere Pferde vorbereitet. Nachdem alles versorgt und verstaut war lud Denise uns und ihre Freundin Andrea in ein Restaurant zum Essen ein. Sie brachte uns außerdem einen großen Stapel Karten mit, versorgte uns mit vielen wertvollen Tipps über Frankreich und machte uns viel Mut. Anschließend übergab sie uns an ihre Freundin Andrea, einer Schweizerin, die mit ihrem Mann Urs nach Frankreich ausgesiedelt ist. Andrea lud uns in ihr Haus ein, hatte schon ihr Gästezimmer für uns hergerichtet und forderte uns auf, uns wie zu Hause zu fühlen. Einmal mehr fühlten wir uns als reich beschenkte Glückskinder. Voller Dankbarkeit für all die uns entgegen gebrachte Hilfe, Großzügigkeit und Liebe schliefen wir ein.

Heute, am 82. Tag sind wir noch zu Gast bei Andrea und Urs. Es ist unser Organisationstag. Karten kaufen, Prepaid Telefonkarte besorgen, zum Geld abheben, telefonieren und das Internettagebuch aktualisieren. Urs kocht heute abend etwas typisch Elsässisches für uns. Wir sind gespannt. Morgen geht es weiter. Wir sind in Frankreich. Für uns noch immer kaum zu glauben.