
Insgesamt drei Tage verwöhnten uns Frau und Herr
Schillig. Aber am
58. Tag geht es dann doch weiter. Wir sind kaum 30 Minuten unterwegs, da fängt es an zu regnen. Natürlich kommt der Wind aus Westen, so dass wir
Stund
en lang das kalte Wasser ins Gesicht bekommen. Wir müssen ziemlich Mitleid erregend ausgeschaut haben, denn mehrmals werden

wir angesprochen und auf eine heiße Tasse Kaffee eingeladen. Wir lehnen dankend ab, denn wir haben einen weiten Weg zurück zu legen. Nach einigen Stunden machen wir eine kurze Zwangspause, wir müssen das Gepäck noch mal neu richten und etwas essen. Wir haben genug von dem Wetter und von der Reise.
Gabi denkt ernsthaft über einen Abbruch der Reise nach und ich beschließe, mir einen Bürojob zu suchen und mich in meiner Freizeit nur noch mit Yoga und Meditation zu beschäftigen. Weiter geht es. Für eine Stunde hört der Regen auf. Wir legen einige Höhenmeter zurück und sind schließlich auf 800 Meter angelangt. Hier wird es plötzlich nebelig und heftiger Schneeregen beginnt. Es wird dunkel und wir müssen mehrfach nach dem Weg fragen. Dann endlich haben wir die
Naturreitschule von Andrea Doderer gefunden. Wir versorgen die Pferde und lassen uns dann nass, durchgefroren und erschöpft auf ihrem Sofa vor dem Kamin nieder. Andrea serviert uns Tee und Würstchen und bietet uns an, den nächsten Tag zu bleiben, denn es soll weiter regnen und schneien.
Den 59. Tag bleiben wir bei Andrea. Es schneit weiter, wir erholen uns, kein Internet, kein Telefon, schlafen, reden, schlafen.
Der 60. Tag bringt wieder Sonnenschein. Wieder bewältigen wir einige Höhenmeter, aber diesmal bergab. Von weitem sehen wir schon, wie der Nebel dick im Tal hängt. In einem kleinen Dorf schaut eine

Frau aus dem Küchenfenster und erkundigt sich nach unserer Reise. Dann die Überraschung: wir werden mit einer
Linzer Torte und mit leckeren
Weihnachtsgebäck beschenkt. Wir sind
happy. Gegen 16 Uhr haben wir unsere 30 Kilometer geschafft und erreichen die
Pferdepension Obernusserhof. Unsere Pferde übernachten in der Reithalle und wir in einer wunderschönen kleinen Ferienwohnung. Der
Obernusserhof gefällt uns sehr gut. Es gibt so viele schöne Details, viele tolle Lösungen, die das Leben der Pferde und der Menschen angenehm machen. Das Konzept gefällt uns ebenfalls: es gibt die Abteilung Gnadenbrot Pferde, wo zurzeit 20 Pferde unter optimalen Bedingungen ihren Lebensabend unter Artgenossen verbringen und es gibt den Einstellbetrieb mit großen
Paddockboxen, Weideflächen und Reithalle. Das alles in schöner Alleinlage ohne direkte Nachbarn.
Am 61. Tag sind wir wieder ungefähr 30 Kilometer unterwegs. Wir sind erst kurz vor neun gestartet und kommen deshalb erst im Dunkeln bei
Toni Grömminger auf dem
Hof Hewenblick in
Anselfingen an. Wir versorgen die Pferde und werden dann selbst mit ein

er Vesper, wie die Brotzeit bzw.
Jausen hier nun heißt, versorgt. Es gibt lauter leckere Wurstsorten aus eigener
Gallowayschlachtung. Am Abend sitzen wir noch lange zusammen und
Toni erzählt von seinen USA und Kanada Reisen und seinen Erlebnissen als
Cowboy auf den verschiedenen
Ranches.
Es hat in der Nacht geschneit und schneit den ganzen Tag weiter.
Toni bringt uns ein Stück, die Landschaften sehen wie im Wintermärchen aus, immer wieder staunen wir über
schneeverzauberte Natur.
Der 62. Tag ist wieder so ein Tag, an

dem es Schwierigkeiten mit der

näch- sten Unterkunft gab. Wir bekommen eine Absage und bei einer anderen Adresse meldet sich niemand. Wir reiten auf gut Glück los. Unterwegs bekommen wir dann auf einem Pferdehof das Angebot bleiben zu können und am nächsten Tag per Anhänger nach
Erzingen gebracht zu werden. Sehr verlockend, doch wir lehnen ab und reiten weiter durch dichten Schneefall. Feldwege sind nur noch zu erahnen. Ich will dauernd anhalten, um zu fotografieren. Dann gegen 14 Uhr kommt der erlösende Anruf von Andrea
Burger, wir können die Pferde bei ihr auf die

Koppel stellen und selbst im Gasthaus um die Ecke schlafen.


Weiter geht es
am 63. Tag bei dichtem Schneefall. Wir kommen gut voran und als wir die Hälfte der Strecke haben, machen wir eine Pause und ich koche uns einen Tee aus Schnee. Ich bin so
happy dabei, ich fühle mich,

als wären wir in Kanada unterwegs. Wir reiten zu
Berni und Christine, unglaublich, plötzlich wird uns das Ausmaß unserer Reise bewusst, weil wir eine Station erreichen, die so unendlich weit weg von zu Hause ist und wo wir jemanden kennen. Über tausend Kilometer sind wir schon unterwegs. Herzlich werden wir von der Familie Winter, den
Besitzern des
Reitstalles Wolfsgrube und von Christine und
Berni Zambail empfangen. Abends nehmen uns die
Zambails mit in die Schweiz zu ihrer
Hochzeitstagsfeier. Es gibt leckeres
Raclette.
64. Tag. Ausschlafen, dass heißt um 7 Uhr erst aufstehen, Pferde füttern, Frühstück und dann…
Gabi geht mit
Maz und Lady
spazieren und ich lege mich wieder hin und schlafe. Wunderbar, so ein zweiter

Schlaf, dann kommt
Berni. Wir schauen ihm beim Spielen und Reiten seiner Pferde zu, stellen Fragen und
Berni teilt sein unglaublich großes Wissen über
Horsemanship mit uns. In
Berni’s Nähe ist es nahezu unmöglich, nichts zu lernen.
Am 65. Tag gibt es viel zu tun: Vorbereitungen für das
Parelli Tournament am nächsten Tag. Am Nachmittag hat
Berni Unterricht. Wir dürfen dabei sein. Es ist auch für uns sehr lehrreich, obwohl es nichts Spektakuläres passiert. Wir hören
Berni’s Erklärungen und besonders mir fällt auf, dass ich vieles davon schon gehört und wieder vergessen habe. Am Abend sind wir bei
Berni und Christine zum Essen eingeladen.

Heute,
am 66. Tag, heißt es wieder früh aufstehen, denn bevor wir um 8 Uhr mit
Berni zum
Parelli Tournament nach
Fehraltorf fahren, versorgen und spielen wir noch mit unseren Pferden und
Gabi putzt
Berni’s Rappen, den
Prom, auf Showglanz. Beim
Tournament hatten wir eine Menge Spaß, sahen tolle
Parelli Horsemanship Vorführungen von den
Instruktoren Berni Zambail, Walter
Gegeschatz, David
Zünd und
Carmen Zulauf und trafen sogar einige alte Bekannte wieder.



Der 67. Tag ist für uns ein besonderer Tag, denn
Berni hat heute Zeit für uns und unsere Pferde. Wir
checken Sättel, verbessern hier und dort etwas.
Gabi bekommt Unterricht mit ihrer
Maz und dann spielt
Berni mit
Navajo von seinem Pferd aus. Bei
Navajo haben sich einige Respektlosigkeiten eingeschlichen, die ich durch fehlende Konsequenz, fehlende Klarheit und vor allem durch fehlendes
Friendly Game selbst verursacht habe. Bitte und Danke, zwei Worte, die die Welt verändern können! Schon so oft gehört, völlig klar und logisch und doch immer wieder vergessen. Am Abend serviert uns Christine
echtes Schweizer Käsefondue.

Der 68. Tag ist
Gabi’s
Wunscherfüllungstag. Erst darf sie
Berni’s Pferd
Prom reiten, um zu lernen, wie es sich
an fühlt, ein Pferd ohne Zügel, nur mit
Fokus und Schenkel, zu reiten. Dann spielt
Berni mit der Lady.

Wir sind fasziniert, wie er Lady liest und wie er mit ihr umgeht.
Ruckzuck hat er bei ihr Schulterherein eingebaut. Lady liebt es sich abschleppen zu

lassen und sich gegen das Halfter zu lehnen. Schnell macht
Berni ihr klar, dass es für sie viel bequemer ist, dass nicht zu tun und statt dessen früh dem Druck nach zu geben. Am Abend sind wir bei den Winter’s zum Vesper eingeladen.
Berni ist für zwei Tage fort und
Gabi freut sich, sich um seine Pferde zu kümmern. Ich hole endlich alle Einträge im Tagebuch nach, bearbeite Fotos, bestelle eine neue
Isomatte, telefoniere und so weiter und so fort. Zwischendurch spielen wir mit unseren Pferden,
Gabi raspelt Hufe und pflegt das Lederzeug, das zum Teil von der Nässe schon ganz schön gelitten hat.