Samstag, 22. November 2008

Wintereinbruch

Endlich haben wir wieder mal die Gelegenheit, etwas in unser Tagebuch zu schreiben. Gestern haben wir in einem Wettlauf mit dem Winter den Starnberger See südlich passiert und sind jetzt in Marnbach, kurz vor Weilheim in Oberbayern. Eine halbe Stunde, bevor ein kräftiges Gewitter losbrach und erst Hagel und dann Schnee brachte, erreichten wir unser Ziel. Nach unserem letzten Stop hatten wir uns eigentlich vorgenommen, bis zu Christine und Berni Zambail, bei dem wir einige Tage Station machen werden, durch zu reiten. Doch es kam anders. Claudia Wild, die erst vor kurzem ein Praktikum auf dem Sterntalerhof gemacht hat und bei deren Familie wir gerade zu Gast sind, hatte für uns ein paar Pressetermine zur Unterstützung unseres Spendenprojektes organisiert. Deshalb fuhren wir heute nach Gamisch Patenkirchen zu Radio Oberland, um ein Interview aufzuzeichnen. Es war toll zu sehen, wie "Radio gemacht" wird. Der Besuch in Gamisch Patenkirchen erschien mir ganz unrealistisch. Plötzlich waren wir am Fuße der Zugspitze und mitten im Winter. Beim ausgelassenen Spiel im Schnee war ich zu übermütig und habe jetzt einen dicken Zeh.

Rückblick unserer bisherigen Tage in Deutschland

Seit 13 Tagen sind wir schon in Deutschland. Leider konnten wir bisher nicht berichten, da wir nach Österreich keinen mobilen Internetzugang mehr hatten. Hier eine kurze Zusammenfassung unserer Abenteuer und Erlebnisse in Deutschland.
Der 34. Tag führte uns ein langes Stück an der Inn entlang. Zu Gast waren wir bei Barbara Drobar in Frauenstein, einer Frau, die schon seit Jugendjahren von einem langen Wanderritt nach Frankreich träumt. Ihr Kinder sind jetzt groß und nun arbeitet sie konsequent auf die Verwirklichung ihres Traumes hin. Sie war die erste überhaupt, die uns zu sich einlud. Der Deal war, wir bekommen Unterkunft und Verpflegung und als Gegenleistung darf Barbara uns ein Loch in den Bauch fragen. Wir gingen viel zu spät ins Bett.
Am 35. Tag überquerten wir die Inn über einem Staudamm und waren in Deutschland. Wieder hatten wir schöne Strecken am Inn entlang. Unser Ziel war die R&A Ranch, einer Wanderreitstation. Unsere erste Nacht in Deutschland verbrachten wir in einer 5 Sterne Blockhütte, in der es wirklich an nichts fehlte.
Der 36. Tag war unser erster Regentag. Es regnete von früh bis spät und wir mussten uns damit abfinden, dass der schöne Herbst nun wohl vorbei ist. Unser Tagesziel war Erlbach bei dem Rentnern Rita und Albert Winterer. Rita hatte uns einen tollen Eintopf gekocht, damit wir nach diesem Sauwetter gleich etwas Warmes essen konnten. Albert war gerade dabei, in einer alten Partyhütte am Weiher (klingt romantisch, war es aber bei dem Wetter nicht) den Kanonenofen für uns anzuheizen. Durch den Regen zog der Schornstein nicht und die ganze Hütte wurde erst mal ausgeräuchert. Schlieslich löste Albert das Problem mit dem Schornstein, wir zerlegten noch den großen Tisch wir konnten unsere Isomatten ausbreiten.
Auch am 37. Tag regnete es. Wir mussten die Pferde bei kalter Nässe draußen mit der Taschenlampe putzen und satteln. Jammern half nichts, also fanden wir uns mit der Situation ab. Wir marschierten fast ohne Pause ca. 25 Kilometer und erreichten am frühen Nachmittag den Reitstall Schrankl in Hart bei Mühldorf. Da es weiter in Strömen regnete, ließen wir unsere Pferde zum ersten Mal in Boxen übernachten. Das gefiel ihnen aber garnicht. Wir konnten im geheizten Reiterstübl übernachten und unsere Sachen trocknen.
Der 38. Tag war wieder trocken. Zum Glück, denn unsere Ausrüstung hatte unerwartete Schwächen gezeigt. Ziel dieser kurzen Etappe war die Lost Wheel Ranch von Ulrike und Berthold Höger in Auersdorf. Wir hatten die beiden Pferdeleute in Österreich auf der Lone Star Ranch kennen gelernt und waren schon gespannt, diese Anlage zu sehen. Das Besondere am Offenstall der Högers ist, dass durch deren Haltungs- und Fütterungsart die Pferde zum Laufen animiert werden. Auf die üblichen Freßständer für Rauhfutter wurde bewusst verzichtet, um das stundenlange Stehen der Pferde in diesen Verschlägen zu vermeiden. Freier Zugang zur Weide und eine kleine Durststrecke zur Tränke schaffen zusätzliche Bewegungsanreize. Große überdachte Flächen um die Reithalle bieten Schutz gegen Unwetter und Insekten.
Am 39. Tag kamen wir erst spät bei den Högers weg, da es noch so viel zu erzählen gab. Trotzdem erreichten wir unser Etappenziel, das Gut Berg, schon gegen 14 Uhr. Dieser Stall mit ganz außergewöhnlich große Boxen faszinierte uns, weil über dem Stall die ehemalige Tenne zur Reithalle umgebaut wurde. Hermann, der Verwalter dieser Reitanlage der Stiftung Ecksberg, fand die Idee unseres Spendenprojektes prima und will zur Weihnachtsfeier anregen, statt sich gegenseitig Geschenke zu machen, Kilometer für den Sterntalerhof zu kaufen.
Der 40. Tag brachte uns nach dem schnellen 39. Tag wieder auf den Boden der Realität zurück. Ziemlich erschöpft erreichte wir gegen 16 Uhr den Hof der Familie Fischer in Bruck. Wieder wurden wir von einer Familie so herzlich aufgenommen. Wir legten einen Pausentag ein, um unsere Wäsche zu Waschen und um unsere Ausrüstung in Rosenheim zu ergänzen. Bei den Fischers gab es viel zu sehen, denn sie haben nicht nur eine Landwirtschaft, sondern auch ein Sägewerk, eine Deutz Landmaschienen Werkstatt, ein kleines Wasserkraftwerk und ein Stromnetz mit 500 Kunden.
Am 41. Tag halfen uns wieder das Team vom Parelli Instruktoren Büro eine Unterkunft zu finden. An diesem Tag wollte uns zunächst keiner nehmen. Es ist immer lustig zu hören, was Menschen uns an Argumenten bringen, wenn sie nicht einfach " Nein, wir möchten nicht!" sagen können. Als Gabi dann Mittags die Nummer von der Reitanlage Thal bekam und dort anrief, sagte uns Verena Eiwen sofort zu. Eigentlich wollten wir in der Nähe von Tuntenhausen ein Quartier finden und mussten nun wieder ein ganzes Stück nach Norden Reiten. Verena versorgte uns mit Kaffee, Tee und Gebäck. Geschlafen haben wir in unserem Zelt auf der Tenne über dem Stall.
Am 42. Tag führte uns unser Weg zu Familie Fuß in Aschbach. Wir staunten nicht schlecht, als Susi und Thomas uns davon erzählten, dass sie selbst vor sechs Jahren mit zwei Pferden von Nürnberg nach Südfrankreich gewandert sind. Wir haben uns so gefreut, diese liebe Familie kennen zu lernen und unsere Erfahrungen mit ihnen auszutauschen. Thomas bot uns an, am nächsten Tag unser Gepäck zur nächsten Etappe zu transportieren.
Deshalb war es dann möglich, dass der 43. Tag unsere längste Etappe bisher wurde. Ungefähr 45 Kilometer legten wir bis nach Eurasburg zurück. Für diese Etappe tauschten wir die Pferde, Gabi ritt Navajo und ich Mazirah. Lady schwebte ohne Gepäck neben uns her. Ca. drei Viertel der Strecke legten wir im Trab zurück. Zweimal hatten wir steile, abenteuerliche Abhänge zu überwinden, die unseren Mut herausforderten. Unsere Pferde meisterten alles mit Bravour! Im letzten Tageslicht erreichten wir den Schilcherhof in Eurasburg. Für die Nacht war schon Sturm und Temperatursturz angesagt. Beides blieb aus.
Trotzdem überlegten wir am Morgen des 44. Tages , ob es sicher genug ist, um weiter zu reiten. Es regnete in Strömen, gab Windböen und für den Nachmittag war Wintereinbruch mit Schneesturm verhergesagt. Wir wagten es und kamen rechtzeitig an.